Mit den Augen des Physikers

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Kameras an, Qualität hoch: Die optischen Kontrollsysteme, die GEALAN an den Extrusionslinien in Tanna einschaltet, sind eine direkte Investition in Qualität. Sie arbeiten mit Künstlicher Intelligenz und erkennen auf den Profiloberflächen nahezu jede Abweichung vom Optimum. Ein Wassertröpfchen auf dem Profil? Kein Problem. Ein sichtbarer Kratzer oder eine winzige Blase? Wird sofort als Fehler gemeldet – und das in Extrusionsgeschwindigkeit, die solche Entscheidungen für das menschliche Auge fast unmöglich macht. Dr.-Ing. Winfried Bernhard (55), Chef des GEALAN-Qualitätsmanagements und der Mann, der GEALANs Qualitätsoffensive leitet, blickt auf die neue Hardware, und nickt. Noch handelt es sich um einen Test, aber wie gut die Systeme arbeiten und wie genau sie hinsehen, fasziniert ihn bereits jetzt.

Der präzise Blick ist etwas, das Winfried Bernhard liegt. Der gebürtige Ilmenauer zeigt schon als Kind ein außergewöhnliches Interesse an Naturwissenschaften. Seine Neugier, die Natur und ihre Gesetze zu verstehen, fällt seinen Lehrern auf. Er besucht eine Spezialklasse für Technik, Mathematik und Naturwissenschaften. Von allen wissenschaftlichen Disziplinen entscheidet er sich beim Studium für Physik – nicht, weil er sich dadurch die tollsten Berufschancen ausrechnet, sondern weil ihn das Fach an sich begeistert – das Grundlegende, das Umfassende. Dingen und Zusammenhängen auf den Grund und in die Tiefe zu gehen, ist ein Drang, der ihn und sein gesamtes Berufsleben prägen wird.

 

Qualität erfordert den Blick fürs Detail. Dr. Winfried Bernhard leitet als Head of Quality GEALANs Qualitätsoffensive. Ziel ist es, fehlerfrei zu arbeiten – vom Einkauf über die Produktion bis zur Logistik. „Wir schauen uns alle Prozesse an und suchen Möglichkeiten, uns zu verbessern. Optimale Prozesse bedeuten optimale Qulität.“

 

Während seines Studiums in Jena arbeitet Winfried Bernhard für das Fraunhofer- Institut. In seiner Diplomarbeit entwickelt er Verteiler für die optische Nachrichtenübermittlung – Glasfaser-Komponenten, die bis heute von Bedeutung sind. „Ich hatte nie vor, theoretischer Physiker zu werden, der im stillen Kämmerchen sitzt. Ich wollte immer den Praxisbezug.“ Ein Kooperationsprojekt bringt ihn mit dem Industrieriesen Bosch in Kontakt, der ihn nach Stuttgart in seine Forschungsabteilung holt. Seine Promotion erledigt er parallel zu seinem beruflichen Engagement. Bei Bosch entwickelt er Drucksensoren für Bremssysteme in Autos. „Ganz so einfach war das nicht“, sagt er – Bernhard-typisches Understatement, das die Komplexität der Aufgabe erahnen lässt. Bosch holt ihn als Projektleiter in die Bremssystem-Entwicklung, wo Winfried Bernhards Liaison mit der Qualität beginnt. „Wir haben analysiert, welche Fehler ein Sensor hat und einen nach dem anderen eliminiert, wir haben Qualitätsmethoden wie Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse eingesetzt – schon hier war Qualität ein zentraler Teil meiner Arbeit. Der neue Sensor sollte simpler sein als der alte und gleichzeitig besser.“ Solche Mehrfach-Herausforderungen sind es, die Winfried Bernhard reizen.

Was ihn ebenfalls reizt, ist die große, weite Welt. In seiner Jugend reist er, so weit es zu DDR-Zeiten eben geht, durch ganz Osteuropa, bis ans Schwarze Meer. Im Studium, als die Mauer gefallen ist, zieht es ihn für ein Jahr nach Schottland. Mit seiner Frau reist er nach Tansania. Beruflich geht er drei Jahre nach China. Im ostchinesischen Suzhou, nahe Shanghai, baut er ein neues Bosch-Werk für Automobilelektronik mit auf und übernimmt die Qualitätsleitung des Standorts mit 2500 Mitarbeitern. „Ich habe viel gearbeitet“, sagt Winfried Bernhard lapidar. In China bedeutet das, selbstverständlich auch am Wochenende. „Am Freitagabend hat ein Kunde angerufen: Er habe ein Problem mit drei von unseren Produkten, also mit drei Stück von einer Million. Am Montag möge ich bei ihm vor Ort sein. Okay, habe ich gesagt, und Pizza für das Team bestellt. Wir hatten ein sehr intensives Wochenende. Am Sonntagabend habe ich mich in den Flieger gesetzt, am Montag habe ich dem Kunden einen Lösungsweg aufgezeigt. So war die Erwartungshaltung der asiatischen Kunden: sehr herausfordernd.“

Nach drei Jahren für Bosch in China rückt Winfried Bernhard wieder „näher“ an seine Heimat und zieht nach Solothurn in der Schweiz, wo er sechs Jahre lang die Bereiche Qualität und Fertigungstechnologie eines Bosch-Werks für Elektro- Werkzeuge leitet. Als das Werk nach Ungarn verlagert wird, macht Winfried Bernhard einen Schnitt und geht auf Weltreise: Mit Frau und Tochter, die gerade Abitur gemacht hat, reist er durch Myanmar, Thailand und Kambodscha; dann mit dem Camper durch Australien. Sie feiern Silvester in Sydney, erkunden Neuseeland, erleben die Kirschblüte in Japan, bereisen einige Südseeinseln und enden in Chile. Peru, Ecuador und Galapagos holen sie mit einer kleinen Verspätung nach. „Wir haben viel gesehen und erlebt, interessante Menschen kennengelernt, sind gewandert, waren 24 Stunden am Tag zusammen, haben intensiv miteinander geredet. Es war eine wunderschöne Zeit.“

Zurück in Deutschland, wechselt Winfried Bernhard die Branche: Eine interessante Stelle bringt ihn zu einem oberfränkischen Medizintechnik- Unternehmen, das unter anderem hochsensible Hirndrucksensoren herstellt. Acht Jahre lang bleibt er als Qualitätsleiter und wechselt dann – die neue Herausforderung lockt ihn – zu einem innovativen Startup, das OP-Roboter für minimalinvasive Chirurgie entwickelt. Ging es in der Entwicklung von Bremssystemen für Winfried Bernhard bereits indirekt um Menschenleben, so in der Medizin-Industrie mit Hirndrucksensoren und OP-Robotern sehr direkt. „Das waren sehr anspruchsvolle Produkte und ich habe noch einmal viel über Qualitätsstandards gelernt.“ Mit diesem Wissen und über zwanzig Jahren Erfahrung im leitenden Qualitätsmanagement kommt Winfried Bernhard Anfang 2024 zu GEALAN. Die Baubranche tickt völlig anders als Automobil- und Medizintechnikindustrie; trotzdem ist die Herangehensweise im Qualitätsbereich ähnlich. „Der Anspruch ist auch bei GEALAN sehr hoch und die Techniken, die woanders greifen, bringen auch uns weiter.“ Ein Beispiel ist das Lean-Management, das in der GEALAN-Produktion umgesetzt wird: Jede Form von Verschwendung soll vermieden und Prozesse so optimiert werden, dass Fehler gar nicht erst passieren. 5S, eine japanische Methode der Sauberkeit und der systematischen Sortierung von Gegenständen und Abläufen, ist ebenfalls längst GEALAN-Alltag – nur an sauberen, ordentlichen Arbeitsplätzen entsteht auch Qualität, so die Überzeugung. „In Shopfloor- Meetings sprechen wir direkt mit den Mitarbeitern: Wie ist die aktuelle Qualitätssituation und was kann jeder Einzelne tun, um sie zu verbessern?“ Qualität ist keine One-Man-Show. Sie beginnt beim Einkauf, wo Lieferanten gute Produkte liefern müssen, betrifft speziell die Fertigung – in Tanna insgesamt 37 Extrusionslinien und Kaschierung – wo die Maschinen optimal gefahren werden müssen, um Profile in höchster Qualität zu produzieren. „Wir brauchen aber auch sehr gutes Design und sehr gute Werkzeuge, weil sie einen sehr großen Einfluss auf die Qualität haben. Qualitätsoptimierung umfasst auch Lagerung, Verpackung und Transport, wo gutes Handling Beschädigungen vermeidet. Wenn wir von einer Qualitätsoffensive sprechen, sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, alle Bereiche involviert.“

Die Orientierung an dem, was Kunden wollen, spielte für Winfried Bernhard nicht nur in China eine große Rolle, sondern auch bei GEALAN. Kundenfeedback ist ein zentraler Input für das Qualitätsmanagement; wenn es die Form einer Reklamation hat, ist es ein direkter Auftrag, besser zu werden. Deshalb stehen im Terminplan des Qualitäts-Chefs jeden Monat Kundenbesuche. „Die persönliche Beziehung und das Gespräch sind sehr wichtig. Wenn man sich kennt, ist es einfacher, über Themen zu reden – oft über kleine, bevor es große gibt. Der Kundenanspruch ist unsere Richtschnur.“ Vor Ort schaut sich Winfried Bernhard an, wie GEALAN-Partner die Fensterprofile verarbeiten und vor welchen Herausforderungen sie stehen. „Nicht jeder Kunde ist gleich, manche sind hochautomatisiert, manche haben Manufakturen und bauen einzelne Fenster. Es ist mir wichtig, genau zuzuhören.“

 

Unzählige Beobachtungen der Realität, Analysen komplizierter Zusammenhänge – und dann steht am Ende so eine simple Gleichung: E = mc2. Die Energie-Masse-Äquivalenz, 1905 von Albert Einstein formuliert, ist eines der bekanntesten Naturgesetze und ein Faszinosum für den Physiker Winfried Bernhard. „Wenn sich Details zur großen Theorie fügen und die Lösung am Ende so einfach aussieht – das ist die Schönheit des Ganzen.“

 

Das große Ziel der GEALAN-Qualitätsoffensive lautet: die richtigen Produkte in der richtigen Anzahl in fehlerfreier Qualität liefern. Dazu ist es laut Winfried Bernhard zentral, im Management und bei allen Mitarbeitern ein Bewusstsein für Qualität und Sorgfalt zu schaffen. „Wir brauchen Transparenz und Kommunikation – der kompletten Mannschaft muss klar sein, wie die Qualitätssituation ist.“ Um zu erforschen, wo Probleme auftreten, hat GEALAN ein Reklamations- Managementsystem eingeführt, das via SAP verschiedene vom Kunden festgestellte Fehler erfasst. Eine Kategorisierung identifiziert Hauptfehler, die mit Priorität angegangen werden. „Die Ursachen für Probleme herauszufinden, ist der Punkt. Kein Fehler hat nur einen einzigen Grund, wir müssen alle finden und dann einen nach dem anderen beheben. Auf der anderen Seite gibt es auch nicht nur eine Patentlösung, sondern viele Schritte, die wir unternehmen müssen – nur so heben wir die Qualität.“

„Manche Leute sagen, Qualität kostet. Ich sage: Schlechte Qualität kostet. Gute Qualität bringt uns voran. Die beste Qualitätsverbesserung bekomme ich, wenn ich Prozesse optimiere. Ein fehlerfreier Prozess bringt das bessere Ergebnis, geringere Kosten und höhere Effizienz."

Neben den neuartigen Kamerasystemen in der Extrusion testet GEALAN auch qualitätssteigernde Innovationen in der Logistik: RFID-Chips könnten in Zukunft die Kommissionierung von Profilen wesentlich einfacher machen. An jedem Profil soll ein eigener RFID-Chip angebracht werden, der genau bezeichnet, um welches System in welcher Ausführung und Farbe es sich handelt: ein Personalausweis des Profils. Der Mitarbeiter scannt das RFID-Tag ab und kann sich sofort sicher sein, das richtige Profil vor sich zu haben. Verwechslungen, die zum Beispiel bei sehr ähnlichen Farben mit bloßem Auge passieren könnten, wären mit dieser Technik ausgeschlossen. Der RFID-Leser kann per Akustiksignal auch mitteilen, dass sich das gesuchte Profil in direkter Nähe befindet, macht also schon das Auffinden einfacher. „Natürlich haben unsere Logistik-Mitarbeiter noch weitere gute Ideen, die sich mit RFID verwirklichen ließen: Wir könnten die Lagerführung optimieren, weil wir sehr schnell einen Überblick über den realen Bestand hätten, kontaktlos.“ Komplett kommissionierte Lieferungen könnten zur Kontrolle durch ein RFID-Tor fahren, das noch einmal checkt, ob wirklich alle Produkte in der richtigen Anzahl gepackt wurden. „Ich habe selbst kommissioniert und weiß, wie schwer es ist, 300 Glasleisten zu kommissionieren. Wir haben zu zweit gezählt, wir haben dreimal gezählt.“ Die RFID-Technik könnte die Mitarbeiter sehr gut unterstützen. „Unsere Produktwelt ist komplex. Bei der großen Anzahl an Profilen, die wir kommissionieren, fallen selbst Fehler im Promillebereich auf.“

 

„Natürlich brauchen wir Technik, um Fehler zu vermeiden und Qualität zu überprüfen. Der Schlüssel zu unserer Qualitätsoffensive sind aber unsere Mitarbeiter – mit dem richtigen Mindset und der Begeisterung für das, was sie tun.“

 

Letztlich geht es bei Qualitätsverbesserungen auch, aber nicht nur um Fehlervermeidung, sagt Winfried Bernhard. Ziel müsse es immer sein, komplette Prozesse zu optimieren, damit Fehler gar nicht erst entstehen und Prozesse gleichzeitig besser funktionieren. „Bei unseren Qualitäts- Projekten arbeiten wir mit einem Return-of-Invest- Ansatz. Ich bin fest davon überzeugt, dass gute Qualität Kosten senkt, nicht erst langfristig, sondern schnell.“ Via SAP Analytics Cloud werden die Qualitätsdaten monatlich ausgewertet – die Qualitätssituation lässt sich so sehr genau analysieren. Fertig ist die Arbeit an Qualität natürlich nie. Weil immer neue Themen auftauchen und weil die Ansprüche der GEALAN-Kunden steigen – je mehr die Unternehmen wachsen, desto mehr automatisieren sie, desto mehr achten sie auf Qualität.

„Mir gefällt Qualität, weil sie nicht einfach ist“, sagt Winfried Bernhard. Seine Vorliebe fürs Schwierige, fürs Komplexe und Komplizierte, ist kein sehr verbreiteter Wesenszug. Die Dinge genau zu betrachten, zu sehen, wie sie wirklich sind, das große Ganze in Kleineres zu zerlegen und Zusammenhänge zu erkennen – dieser analytische Geist des Physikers prägt Winfried Bernhards Denken – und ist vielleicht die ideale Eigenschaft für jemanden, der Qualität wirklich steigern will. So strukturiert und systematisch wie Winfried Bernhard seine Arbeit angeht, im Privaten sieht er die Dinge leger. „Da bin ich gar nicht so planvoll und strukturiert, wie man es vielleicht erwarten würde, selbst auf unserer Weltreise haben wir nicht alles monatelang im Voraus organisiert. Es muss auch noch Raum für Überraschungen und Spontanes geben.“ Seine Freizeit verbringt Winfried Bernhard gerne mit seiner Familie und seinen Enkelinnen. Gemeinsam gehen sie Radfahren. Zu tun hat das, wenn auch auf einer völlig anderen Ebene, auch mit Qualität.

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Götz Gemeinhardt

25.11.2025

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